Reue nach dem Jobwechsel - was jetzt?
Veröffentlicht: Mittwoch, 21.05.2025 00:05

Fehlentscheidung mit Folgen
München/Eschborn (dpa/tmn) - Vorfreude, Aufregung, aber auch Respekt vor neuen Aufgaben: Ganz genau kann man nie wissen, worauf man sich bei einem freiwilligen Jobwechsel einlässt und ob die neue Stelle den eigenen Erwartungen entspricht. Ein Problem haben Beschäftigte dann, wenn sie den Wechsel bereuen.
Und das ist gar nicht so selten. Knapp ein Drittel (32 Prozent) hat einen Jobwechsel schon mal bereut, so eine repräsentative Umfrage unter mehr als 2000 Personen, die YouGov im Auftrag der Jobplattform Monster durchgeführt hat.
Gefragt nach den Ursachen gaben die nach Jobwechsel Unzufriedenen etwa an, dass ihre Vorstellung von der neuen Rolle und den Aufgaben nicht mit ihren Erwartungen zusammengepasst habe. Andere waren von der Unternehmenskultur, der Führungsebene oder dem Kollegium enttäuscht.
Aber was dann - gleich wieder nach etwas Neuem umschauen oder der Sache noch eine Chance geben? Eine Expertin erklärt, wie Sie sich Klarheit verschaffen.
1. Dem neuen Job ausreichend Zeit geben
Die ersten zwei Wochen im neuen Job waren eine Katastrophe, nun wollen Sie gleich das Handtuch werfen? Wer eine neue Stelle antritt, sollte nicht zu schnell resignieren. «Unzufriedenheit bedeutet nicht automatisch, dass die Entscheidung falsch war», sagt Stefanie Bickert, Job-Expertin bei der Karriereplattform Indeed. Sie könne auch auf «Anpassungsstress» hindeuten: «Unser Gehirn vermisst Sicherheit, wenn es auf Neues trifft.»
Wer nach mehreren Wochen immer noch das Gefühl hat, fehl am Platz zu sein, sollte die Situation genauer analysieren. Die üblichen drei bis sechs Monate Probezeit würden einen guten Rahmen bieten, um ein belastbares Bild vom neuen Job zu bekommen.
2. Den alten Job nicht idealisieren
Beim Ex-Arbeitgeber war alles besser? Gerade zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses würden sich neue Eindrücke mit Unsicherheiten und hohen Erwartungen vermischen, so Bickert. In dieser Phase sollte man darauf achten, ob man den vormaligen Job im direkten Vergleich nicht vielleicht idealisiert. «In der Rückschau neigen wir dazu, die rosarote Brille aufzusetzen.»
Am besten vergleicht man beide Stellen auf Basis konkreter Kriterien. Was war wirklich besser – und was blendet man gerade aus? Nicht zuletzt sollte man Geduld haben. Ob die neuen Aufgaben und die Kultur wirklich zu einem passen, zeige sich laut Bickert oft erst, wenn Routinen entstehen, sich Beziehungen etablieren und man erste Leistungsrückmeldungen erhält.
3. Die eigene Situation verbessern, der Reue vorbeugen
Ein schlechter Start in einen neuen Job ist unglücklich. Es kann aber hilfreich sein, eigene Spielräume zu nutzen, rät Stefanie Bickert. Neue Perspektiven entstehen womöglich, wenn Beschäftigte offen das Gespräch mit ihrer Führungskraft suchen. Dabei könne man zum Beispiel ein klar definiertes Projekt thematisieren, eine flexiblere Aufgabengestaltung oder den Wunsch nach einem Mentor oder einer Mentorin.
Wer aktiv dazu beitragen will, sich im neuen Job wohler zu fühlen, kann auch daran arbeiten, im Team gezielt Beziehungen aufzubauen und sich kleine, erreichbare Ziele im Arbeitsalltag zu stecken.
Generell sei eine gute Balance aus Neugier (Was kann ich hier lernen?) und kritischer Reflexion (Was passt nicht?) von Vorteil. Schon vor dem ersten Arbeitstag lassen sich Leitplanken festlegen, an denen man die ersten Wochen messen möchte. Stefanie Bickert nennt als Beispiel: «Ich kann 70 Prozent meiner Aufgaben ohne Nachfragen erledigen.»
Auch ein Wechseltagebuch sei eine bewährte Methode. «Hier bewertet man jeden Tag das eigene Energielevel und die aktuelle Stimmung mit einer Schulnote.» Spätestens nach 90 Tagen zeige sich ein Trend.
4. Warnsignale richtig deuten
Die Ursachen für Unzufriedenheit im neuen Job können vielfältig sein - und reichen der Job-Expertin zufolge von enttäuschten Erwartungen über fehlende Entwicklungsmöglichkeiten oder Arbeitsaufgaben bis hin zu Überforderung.
Auch der Verlust sozialer Anerkennung - etwa, weil der Expertinnenstatus im alten Unternehmen weg ist - kann zum Problem werden. «Gerade auf der Beziehungsebene lassen sich aber oft gut neue Bindungen aufbauen», ermutigt Bickert.
Kritische Warnzeichen seien hingegen dauerhafte Erschöpfung, die nicht durch eine Einarbeitungsphase erklärbar ist oder andere körperliche Symptome.
5. Alternativen abwägen
Bleiben die Diskrepanzen trotz aller Bemühungen bestehen, kann unter Umständen ein interner Wechsel eine Option sein. Wer sich für die erneute Jobsuche entscheidet, sollte wissen: Die Rückkehr zum alten Arbeitgeber ist laut Stefanie Bickert nicht so selten, wie viele denken. Sie rät aber, das nur in Betracht zu ziehen, wenn es beim vormaligen Arbeitgeber tatsächlich eine Rolle gibt, «in der man wachsen kann, ohne in alte Dynamiken und Muster zurückzufallen».
5. Nachsichtig mit sich selbst sein
Job gewechselt und dann doch nicht zufrieden gewesen? Manche empfinden ihren Umweg als Scheitern. «Der erste Impuls ist oft Selbstkritik, aber Fehler gehören zum beruflichen Wachstum», sagt Stefanie Bickert. Vielleicht liegt es auch hauptsächlich am Unternehmen, dass der Wechsel ein Reinfall war – etwa wegen überzogener Versprechen im Bewerbungsprozess.
Jeder Umweg vermittle wertvolle Erkenntnisse über eigene Stärken, Schwächen und Bedürfnisse, sagt die Job-Expertin. Sie rät, aus einem missglückten Wechsel eine persönliche Liste mit «roten Linien» abzuleiten. Sie könne drei bis fünf Punkte wie «mindestens zwei Tage mobiles Arbeiten» oder «klare Aufstiegsperspektive in zwei Jahren» enthalten. Künftige Jobchancen messe man dann an diesen Kriterien – «alles andere ist willkommenes Extra, aber sollte sie nicht ersetzen». Das bringe «mehr strategische Klarheit» bei der Karriereplanung.